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Baubiologie – natürliche vs. herkömmliche Materialien #meinlebenisteinbauernhof

Autorenbild: VanessaVanessa

Heute gibt es einen neuen, besonders spannenden Gastbeitrag der #meinlebenisteinbauernhof - Reihe! Julia und Pierre von "Resthof-ab-vom-Schuss" sanieren ihnen Hof auf die altmodische Art und Weise: in Eigenleistung und mit natürlichen Materialien! Sie geben uns einen spannenden Einblick in ihre Arbeit und vermitteln dabei einiges an Wissen. Vielen Dank für diesen ausführlichen Beitrag, ihr Beiden!


Die ältesten Holzhäuser Deutschlands und der Welt sind stolze 800 Jahre alt und älter. Sie bestehen Großteils aus Holz, Lehm und Stein. Auch wenn früher die Stützbalken noch direkt in die Erde verbaut wurden, welche nach wenigen Jahrzehnten morsch waren und erneuert werden mussten, hat der Rest des Hauses bis heute allen Katastrophen & Wetterbedingungen stand gehalten. Doch wie ist das möglich mit so einfachen Materialien? Mit was wird heutzutage gebaut und welche Auswirkungen hat das auf uns und unsere Umwelt?

 

Der Bausektor verbraucht rund 60 % der Resourcen und rund 40 % der Energien weltweit. Er produziert ca. 50 % des Abfalls und ist für ca. 40 % der globalen CO2-Emmisionen verantwortlich. In Zeiten des Umweltschutzes, ist das ein Bereich, der viel zu sehr unterschätzt wird. Jeder einzelne Altbausanierer kann so, mit dem entsprechendem Wissen, einen enormen Beitrag leisten.

 

In der Baubiologie spricht man oft von einem magischen Dreieck, welches aus der Biologie an sich, der Physik und der Chemie besteht. Dabei wird klar, dass alles miteinander verbunden ist und aufeinander wirkt. Es geht dabei um eine umweltfreundliche und schadstoffminimierte Bauweise. In der Biologie geht es um das Wirken von Schimmel, Hefen, Bakterien und mikrobiellen Stoffwechselprodukten. Die Physik befasst sich mit elektrischen & magnetischen Wechsel- & Gleichfeldern, Radioaktivität & Schallwellen. Die Chemie beschäftigt sich hingegen mit den einzelnen Stoffen, wie Formaldehyd, Lösemitteln, Pestiziden, Holzschutzmitteln, Weichmachern und vielen mehr.

 

Dämmung


Das wohl wichtigste einer Altbausanierung ist die richtige Dämmung. Denn ohne Dämmung, nützt auch die beste Heizung nichts. Worin bestehen also die Unterschiede zwischen Styropor, Glaswolle und Holzfaser? Wie gesund oder sogar schädlich sind manche Stoffe und was soll das alles Kosten?

Styropor zählt zu den häufigsten herkömmlichen Dämmstoffen. Es besteht zu 98 % aus Luft und nur 2% aus Polystrol. Für die Herstellung von 1 Kg Styropor werden 3 Liter Erdöl benötigt.

Bis 2015/16 wurde HBCD als Flammschutzmittel eingesetzt, welches als krebserregend eingestuft und deshalb verboten wurde. Darüberhinaus wirkt es als Neurotoxin, welches unser Nervensystem schädigt. Es ist biologisch nicht abbaubar und somit ein großes Problem für unsere Umwelt. Styropordämmplatten werden oft für die Außendämmung genutzt, da sie keine Feuchtigkeit durchlassen. Genau das wäre bei einer Sanierung von einem Fachwerk allerdings ein Problem. Denn durch den Taupunkt kann sich Feuchtigkeit zwischen Fachwerk und Dämmung sammeln, das Holz angreifen und Schimmel entstehen. Styropor hat zwar einen guten Kältedämmwert, bietet allerdings kaum Schallschutz.

 

Glaswolle hingegen hat sowohl einen guten Kältedämmwert, als auch guten Schallschutz. Sie zählt jedoch bei der Entsorgung als Sondermüll, was mit erhöhten Kosten verbunden ist. Bei der Verarbeitung sind unbedingt Maske, Vollschutzanzug und Handschuhe zu tragen. Der feine Staub kann bei Berührung zu allergischen Reaktionen und beim Einatmen zu Atemnot, Entzündungen und Vernarbungen der Lunge führen. Glaswolle, die vor 1993 verbaut wurde, enthält krebserregendes Asbest. Bei einer Sanierung sollte deshalb unbedingt auch bei der Entkernung auf ausreichenden Schutz geachtet werden.

 

Holzfaserdämmplatten sind das natürliche Gegenstück zu den 2 herkömmlichen Materialien. Holzfaser ist atmungsaktiv, feuchtigkeitsregulierend und hat eine sehr hohe Wärmespeicherkapazität. Im Vergleich zu Styropor und Glaswolle, kann es nicht nur gegen Kälte schützen, sondern auch im Sommer vor zu viel Hitze. Die Dämmplatten können ohne weiteren Schutz verbaut werden. Wegen der feinen Spähne ist jedoch eine Maske ebenfalls ratsam. Bei der späteren Entsorgung gibts es verschiedene Möglichkeiten. Wenn man es zur Deponie schaffen will, zählt es als reines Holz und ist deshalb sehr günstig zu entsorgen. Man kann es aber auch upcyclen und so als Anzünder verwenden oder zum Beispiel unter die Beete als Mulchmaterial mischen. Der perfekte geschlossene Kreislauf.


Aus unserem Bad mit 9m² Fläche haben wir ca. 30 Säcke Glaswolle entfernt. Das Jucken danach, trotz entsprechender Kleidung, war wirklich unangenehm.

















Vorher und Nachher vom Badezimmer

Bodenbeläge


Doch nicht nur die Dämmung stellt ein großes Risiko für uns und unsere Umwelt dar. Auch die Auswahl der Bodenbeläge wird unserer Meinung nach zu sehr unterschätzt. Wenn man mal bedenkt, wie viel Zeit wir mittlerweile in unseren 4 Wänden verbringen, spielt das Material und die entsprechenden Stoffe eine sehr große Rolle für unsere Gesundheit.

PVC-Bodenbeläge (Polyvinylchlorid) kennt sicherlich jeder und auch den damit verbundenen Geruch. Wirklich natürlich hat der Boden eigentlich nie gerochen. Doch was steckt da eigentlich drin? PVC besteht zu 43% aus Kohlen- & Wasserstoff, welches aus Erdöl gewonnen wird und zu 57 % aus Chlor. Es enthält viele Weichmacher, welche sich hormonell auf den Körper auswirken. Ebenfalls sind das Umweltgift DBT und in manchen Ländern noch TBT enthalten, was nachweislich sich negativ auf den Körper und unsere Gene auswirkt. TBEP kann zu Hautreizungen führen und einzelne phosphororganische Verbindungen im PVC werden als Flammschutzmittel eingesetzt und sind gefährlich für unsere Gewässer.

 

Mittlerweile ist PVC zwar nicht mehr so geläufig bei der Sanierung, dafür allerdings Laminat. Laminat enthält in den meisten Fällen immer noch Formaldehyd, was als krebserregend eingestuft wurde und bei vielen Menschen allergische Reaktionen und Kopfschmerzen auslöst. Es besteht aus Kunstharzen, chemischen Lösemitteln und Pressspan, was ebenfalls mit Formaldehyd produziert wird. Laminat gast auch noch über viele Jahre hinweg diese Giftstoffe aus. Allerdings gibt es bei Laminat mittlerweile große Unterschiede. Das Siegel "blauer Engel" achtet bei dem gesamten Produktionsweg auf eine gesunde Herstellung.

 

Parkett ist die wesentlich gesündere Alternative, auch wenn sie natürlich auch preisintensiver sein kann. Schichtparkett besteht aus unterschiedlich geschnittenem Holz, was vereinfacht gesagt über Kreuz wieder zusammen gesetzt wird. Parkett mit Beschichtung kann ebenfalls Formaldehyd enthalten. Ohne diese Beschichtung ist das Parkett die wohl gesündeste Bodenbelagsvariante. Ein großer Vorteil dabei ist, dass eventuelle Beschädigungen im Holz nach vielen Jahren einfach geschliffen und wieder geölt oder gewachst werden können.

 

Ein eher unterschätzter Bodenbelag ist das Linoleum. Es besteht aus Leinöl, Holzmehl, Kalkstein, Jute und natürlichen Harzen. Linoleum ist besonders robust, antibakteriell (deswegen der Einsatz in Krankenhäusern) & gibt ein angenehmes Gehgefühl. Für Nassräume ist es wegen der wasserempfindlichkeit nur bedingt zu empfehlen, da es sonst zu Schimmelbildung führen kann. Linoleum gibts es in etlichen Farben und Mustern, als Klick-Variante oder auf der Rolle. Weswegen es auch toll in Altbauten passt, besonders wenn man einen geringen Bodenaufbau braucht.

 

Da ich selbst Tabellen und Preisvergleiche liebe, folgt nun eine Zusammenfassung der Kosten bei der  Anschaffung und Entsorgung. Dafür habe ich Preise aus unserer direkten Umgebung (Ostthüringen) genommen. Für die Dämmung habe ich eine Stärke von jeweils 100mm als Vergleichsgrundlage genommen. Für die Bodenbeläge ist ein Vergleich auf Grund des großen Angebots einfach nicht möglich. Aber auch hier gilt: je gesünder in der Produktion, desto günstiger bei der späteren Entsorgung.


Material

Anschaffung

Entsorgung

Gesamtkosten

Styropor

11€/m²

9€/Sack (7€/m²)

18,00 €

Glaswolle

9€/m²

4€/m²

13,00 €

Holzfaser

12€/m²

60€/Tonne (0,50€/m²)

12,50 €

Wir sind Pierre und Julia 36 & 31 Jahre alt und sanieren seit 2,5 Jahren unseren rund 250 Jahre alten Resthof im schönen Thüringen mit ökologischen Materialien. Wir lieben alte Möbel, das alte Kunsthandwerk, Holz und Lehm.Wir haben es uns zur Aufgabe gemacht, unseren Hof so natürlich wie möglich in Eigenleistung wieder herzustellen. Sodass der Hof auch viele weitere Jahre stabil weiterleben kann.

Unser Motto war zu Beginn der Sanierung ganz einfach. Wir möchten nur Dinge verbauen, an denen unsere Kinder später sorgenlos schlecken und sabbern können. Das ist nicht immer leicht und manchmal mit mehr Zeit und eventuell mehr Geld verbunden, aber mit diesem Grundsatz im Hinterkopf, ist es das allemal Wert. Auch wir mussten im Laufe der Sanierung gelegentlich davon abweichen und Kompromisse eingehen und das ist völlig ok. Am Ende sollte es sich für jeden stimmig anfühlen und machbar sein.




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